Ein Dienstherr schuldet seinen Beamtinnen und Beamten eine lebenslange Versorgung. Bei Erreichen einer gesetzlichen Altersgrenze und bei andauernder Dienstunfähigkeit leistet er ein Ruhegehalt. Zudem versorgt er die Hinterbliebenen seiner Bediensteten. Gibt es jedoch mehr als einen Dienstherrn im Lebenslauf der Beamtin oder des Beamten, durch beruflichen Wechsel oder durch Heirat, kann die Versorgung eine verwirrende und zuweilen auch absurde Gestalt annehmen. Das zeigt der folgende Fall eines evangelischen Pfarrers aus Stuttgart.
Der schwäbische Pfarrer war mehr als zehn Jahre mit einer Richterin verheiratet und lebte mir ihr in Berlin. Als sie starb, war er selbst längst pensioniert und bezog als Kirchenbeamter ein Ruhegehalt der Evangelischen Kirche in Baden-Württemberg. Als Witwer war der Pfarrer nun vom Land Berlin, dem Dienstherrn der Verstorbenen, zu versorgen.
Hinzu kommt, dass sich die Richterin vor der Ehe mit dem Pfarrer hatte scheiden lassen und ihrem Ex-Mann einen Versorgungsausgleich von monatlich 1.000 EUR schuldete. Auch der Ex-Mann war der Richterin nach der Scheidung zum Versorgungsausgleich verpflichtet, nämlich in Höhe von monatlich 500 EUR. Saldiert wurde hingegen nicht: Von beiden Erwerbseinkommen wurden Monat für Monat und Jahr für Jahr die jeweils festgesetzten Versorgungsausgleichsbeträge abgezogen und überwiesen. Auch der Ex-Mann, ebenfalls Beamter, hatte erneut geheiratet. Dies hatte ebenso wenig Einfluss auf die gegenseitig zu gewährenden Versorgungsausgleichsbeträge wie der Eintritt der Richterin in den Ruhestand. Der Versorgungsausgleich wurde durch Abzug von ihrem Ruhegehalt fortgesetzt, nun nicht mehr von der Personalstelle des Landes Berlin, sondern von dessen Landesverwaltungsamt als Ruhegehaltskasse (Versorgungsamt).
Wie ging nun das Landesverwaltungsamt bei der Ermittlung der Hinterbliebenenversorgung für den Pfarrer vor? Es bestimmte zunächst nach dem letzten Ruhegehalt der Richterin das Witwergeld für den Pfarrer. Von diesem Geld zog es wie zu Lebzeiten der Richterin den Versorgungsausgleich für deren Ex-Mann in Höhe von 1.000 EUR ab; dieser musste indes seinen Versorgungsausgleichsbetrag von 500 Euro nicht mehr leisten, da die Empfängerin nicht mehr lebte. So erhielt der Pfarrer ein um 1.000 EUR gekürztes Witwergeld.
Wer sich jemals mit dem besonderen Verwaltungsrecht und dem traditionellen Berufsbeamtentum befasst hat, ahnt vermutlich, dass diese kleine deutsche Versorgungsgeschichte noch nicht zu Ende ist.
Das Berliner Landesverwaltungsamt teilte der baden-württembergischen Ruhegehaltskasse des Pfarrers mit, dass zum Ruhegehalt des Pfarrers ein neues Einkommen hinzugekommen sei, nämlich das Witwergeld. Mitgeteilt wurde indes nicht der um 1.000 EUR gekürzte Betrag, sondern das Witwergeld vor Abzug des Versorgungsausgleichs für den Ex-Mann der Richterin. Die evangelische Ruhegehaltskasse errechnete nun mit dem ungekürzten Witwergeld das neue Ruhegehalt des Pfarrers, denn der Dienstherr schuldet seinem Beamten nur eine Versorgung bis zu einer Höchstgrenze von regelmäßig 71,75 % der letzten ruhegehaltfähigen Dienstbezüge. Da der Pfarrer sich fast die Höchstgrenze der Altersversorgung verdient hatte, überstieg nun das monatliche Einkommen des Pfarrers einschließlich des ungekürzten Witwergeldes so erheblich die Höchstgrenze, dass ein großer Betrag oberhalb der Höchstgrenze ruhend zu stellen war. Letztlich bekam er nach Abzug der Steuern 400 EUR weniger auf sein Konto ausgezahlt als zu Lebzeiten seiner Ehefrau. Mit der Trauer ging ein nicht geringer finanzieller Verlust einher.
Das Beamtenversorgungsrecht hat detailliert nahezu jeden denkbaren Versorgungsfall und jedes Zusammentreffen unterschiedlicher Einkünfte geregelt; dennoch stellen sich in diesem Fall einige rechtliche Fragen. Und auch eine ganz lebensnahe: Gibt es ein Happy End für den Witwer? Über den weiteren Verlauf werde ich voraussichtlich Ende Januar 2024 berichten können.
Falls auch Sie ein beamtenrechtliches Anliegen bewegt und Sie eine rechtliche Beratung oder Vertretung benötigen, wenden Sie sich gern an Rechtsanwalt Koehn der Fachanwaltskanzlei für Verwaltungsrecht in Berlin-Wilmersdorf.